Outta Dem Tabs #3 | Damian Marley, Kartel, Chronixx Kontroverse

Mein Browser quillt schon wieder über. Also ist Ausmisten angesagt. Weil das natürlich nachhaltig erfolgen soll, verarbeite ich meine in den letzten Wochen angesammelten Tabs weiter, statt sie achtlos zu entsorgen. Digitales Upcycling sozusagen. Das Ergebnis ist Outta Dem Tabs – wenn Ihr so wollt ein Reisebericht meiner Streifzüge durchs Internet.

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Los geht’s!

David Rodigan interviewt Damian Marley in den mighty Tuff Gong Studios zu dessen kommendem Album Stony Hill. Dieses will er gegen April-bis-Mai releasen, ein genaues Date ist allerdings noch nicht bekannt. Im Gespräch verrät Jr. Gong ein paar bislang unbekannte Details über das Album. So kündigt er an, dass wir einige Roots-Nummern mit „Acoustic Vibe“ erwarten dürfen, auf denen er mehr als üblich singen wird. Insofern sei Everybody Wants To Be Somebody durchaus als Vorbote für einen Teil des Albums zu verstehen.

Aus dem Interview lässt sich außerdem ein Teil der Tracklist rekonstruieren. Hier der aktuelle Stand dessen, was wir bislang über das Album & dessen Songs wissen:

1. Here I Come Again
2. Nail Pon Cross
3. Roar
4. Medication ls. Steven Marley
5. Timetravel

x. Livin It Up
x. Caution
x. Everybody Wants To Be Somebody
x. Bitter Blood

So zumindest der Stand zum Zeitpunkt des Interviews – wie wir wissen, können sich Tune-Auswahl und Arrangement ja immer noch mal ändern, bis das Master abgegeben wurde. #stonyhill

Ich beschäftige mich professionell derzeit mit der Zukunft des Musikgeschäfts. Insofern stach mir die Meldung, dass Etana ihren Vertrag mit VP nach vier Alben nicht verlängern wird, gleich doppelt ins Auge. Ihr Grund: Sie will die hundertprozentigen Rechte an ihrer Musik behalten. Ich behaupte: In Zukunft werden sich vermehrt Künstler für diesen Weg entscheiden. Warum erklärt Etana am besten selbst:

The rules have changed in the music industry, so artiste and labels have to follow along. A couple years ago, artist, did not have access to the tools necessary to market themselves and sell their own product to the worldwide consumer of the music, but now they do. Plus, the consumers now have several ways to stream and purchase the songs they like.“ (source) #busyness

Eigentlich keepen wir es hier ja meist strictly Music. Trotzdem kann ich die größte Dancehall-Nachricht der Woche nicht einfach ignorieren 1: Vybz Kartel und seine drei Mitverurteilten haben einen Etappensieg vor Gericht erreicht: Sie dürfen Berufung beantragen. Laut Kartels Anwalt Tom Tavares-Finson sollen die vollständigen Anträge im September beim entsprechenden Gericht eingereicht werden. Allen „Kartel bald frei!“-Meldungen kann man also erstmal einen Riegel vorschieben (pun very much intended). Bis es soweit käme, bräuchte es noch viele Etappensiege. Und die sind alles andere als sicher. #lawboss

Bella Blair ist in der Hauptsache Comedy-YouTuberin. Als solche zeigt sie uns normalerweise, wie frau mit dilettantischen Räubern umgeht oder einen guten Eindruck bei ihrer neuen Anwältin macht. Ab und an singt Blair allerdings auch Lieder. Vielfach ist ja maximal halbgar, was rauskommt, wenn sich Leute an Musik wagen, die anderweitig zu fame gekommen sind. Blair glücklicherweise gehört nicht zu dieser Gattung des Wanna-be-Rockstars. Statt uns mit musikgewordenen Folterinstrumenten zu quälen, liefert sie durchaus amtlich ab. Zum Beispiel als sie neulich ihren Song Jamaica für die BBC performte. #talentscout

Nils hat sich im House Of Reggae Gedanken zum Riddim Leser Poll 2016 gemacht. Die Ergebnisse seines Reasonings hat er niedergeschrieben. Dort wundert er sich, dass die Reggae-Weltkarte in vielen Köpfen hierzulande primär aus Deutschland und Jamaica zu bestehen scheint. Außerdem hat er ein paar Bemerkungen für hiesige Artists notiert. Auszug:

„Kürzlich hatte ich das JUICE Magazin in der Hand und war einmal mehr überrascht, wie viele deutsche Rapper es gibt. Auf jeder zweiten Seite des Magazins wurde ein anderer vorgestellt. Es gibt unfassbar viele Charaktere und Typen. Gangster, Denker, Spaßvögel, Muskelberge, Schmalhanse, Frauen, Männer, Trap, 90er, Brüder (genetisch gemeint), … Und was gibt es im deutschen Reggae?“

Ist die vergleichsweise mangelnde Vielfalt nur Ergebnis der unterschiedlichen Szenegrößen? Oder ist die Ursache vielmehr allgemeine Mutlosigkeit? Checkt die Kommentarspalte drüben und diskutiert mit. #germanreggae

PS: Oh, und vielen Dank für die Shout-outs natürlich!  #nerdism

Ich arbeite gerade an der ersten Whagwaan Documentary (mehr dazu in Kürze). Deshalb gucke ich gerade einige Musik- & Subkultur-Dokus.  Mal geht es darin um Untergrund-Raves in der Ukraine oder im United Kingdom, mal um die häusliche Situation bekannter (T)Rap-Acts aus Atlanta. Manchmal natürlich auch um Reggae und Soundsystemkultur (in England) oder aber um Dub. Ein toller Film zu letzterem ist Dub Echoes, eine Dokumentation des brasilianischen Journalisten und Filmemachers Bruno Natal. Ihm gelang es, einen All-Star-verdächtigen Roster an Reggae-Größen vor der Kamera zu versammeln; mit von der Partie sind unter anderem Bunny Lee, U-Roy, Prince Tubby, Lee „Scratch“ Perry, Mad Professor und Lowell „Sly“ Dunbar.

Außerdem teilen die anerkannten Reggae-Chronisten Steve Barrow und David Katz Interessantes aus ihrem reichhaltigen Fundus an musikhistorischen Fakten und Reggae-Anekdoten. All diese first- und second-hand Berichte fügt Dub Echoes zusammen, um eine der wichtigsten-aber-kaum-geteilten Geschichten der Musikgeschichte zu erzählen: die Entwicklung des Dubs und dessen enormer Einfluss auf moderne Musik von EDM bis Rap. #themovies

Verlassen wir mal kurz den Reggae-Kosmos. Die 80’s kommen zurück. Der Wiener Cloud-Rapper Yung Hurn hat nämlich entschieden, dass die Neue Deutsche Welle in neuer Politur wieder zeitgemäß glänzt. Das Ergebnis hat er diese Woche in Form der Love Hotel EP vorgelegt. Schon seit einigen Wochen gibt es das Video zur ersten Single Diamant. Für dieses haben sich Hurn und seine Love Hotel Band-Kollegen in stilechte 80er Outfits geworfen, um der (leider) subtil guten Synthi-meets-Autotune-Nummer ein würdiges, visuelles Begleitwerk zu bescheren. Wer das bis dato noch nicht gesehen, kann das hier jederzeit nachholen. #NeoNDW

Ein Artist, dessen Album mit Spannung erwartet wird, machte den Anfang – ein anderer nun den Schluss. Die Rede ist natürlich von Chronoixx und dessen Debüt Chronology. Für das ist zwar noch immer kein genaues Release Date bekannt, doch angeblich steht es kurz bevor. Dass alle Reggae-Welt das Album wartet, ist auch einigen „Promotern“ nicht entgangen ist, die sich die Neugier der Fans nun zunutze machen, um sich Klicks zu erschwindeln. Dabei greifen sie auf eine Methode zurück, die bereits im US-Wahlkampf Garant für Aufmerksamkeit war: Fake News. Denn wer sich derzeit durchs Netz stöbert, findet immer wieder alte, wenig bekannte Chronixx-Tracks, die einfach mit dem Zusatz Chronology versehen werden, um Klicks abzugreifen. Fire fi dat!

Dabei braucht es gar keine alternativen Fakten, um die Wartezeit zu verkürzen. Als seriöses Gegengewicht kommt hier ein fundierter Chronixx Newsflash:

In einem kürzlich geführten Interview mit The Fader spricht der Chronixx über sein Album und einige andere Themengebiete. Ausschnitt:

It is inspired by Jamaican music and the various forms that Jamaican music have taken over the last 50, 60 years. It is one of those projects celebrating the wealth of music coming out of Jamaica. The sound of it is doing that. Because of Jamaican music, there’s a lot of beautiful music in the world. In my book, that is indisputable. Everything from reggaeton, a lot of the Hispanic pop music nowadays, and pop music in general, R&B, hip-hop — a lot of inspiration has been drawn from Jamaican music. And not to say reggae, because here we are now talking about Jamaican music. Reggae music is one of probably 15 different sounds coming out of Jamaica, 15 popular sounds.

Außerdem wurde Chronixx kürzlich als Gesicht der neuen Adidas Spezial SS17 Kollektion vorgestellt (übrigens noch ein 80’s Revival). Neben einer zusätzlichen Einnahmequelle – man bedenke, dass Künstler heute nicht mehr in erster Linie von Musikverkäufen leben (können) – sollte der Deal auch für einiges an Bekanntheit sorgen. So berichteten schon GQ, Vogue, CNBC und Complex über das Thema. Letztere baten zudem Gary Aspden, den Mann hinter der Adidas Spezial Serie, zum Interview. Darin spricht er u.a. über die Motivation, mit Chronixx zu arbeiten:

I wanted to center this collection around someone from a younger generation who personified the values of that period, and Chronixx fits that perfectly. Chronixx has worn Adidas since he first started out and has been wearing Spezial products for a little while now. He creates a modern version of classic roots reggae. For me, what he’s doing is not a revival, but an extension of a timeless sound that went before and in that way he shares a similar philosophy to what we are doing with Spezial.

Dennoch wird die Kooperation zwischen Sänger und Brand innerhalb der Szene nicht nur positiv gesehen. Die Kritik reicht von Sell-out- und Babylon-Vorwürfen bis zu nuancierteren Kritikpunkten, etwa Produktionsbedingungen und Stoffe betreffend. Dahinter steckt freilich die in Szeneteilen verbreitete Konsumkritik, die durchaus als konstituierendes Element bezeichnet werden kann. Gleichzeitig führt sie natürlich dazu, dass man sich bisweilen selbst im Weg steht, wenn es darum geht die – ebenfalls gewünschte – Aufmerksamkeit und breite Anerkennung zu bekommen. Diese Ambivalenz habe ich schon öfter thematisiert:

Auch das Thema Geld & Aufbau von Infrastruktur ist im Reggae-Kontext mit Extrahürden versehen. Denn wer Babylon anprangert und dem Lebensstil der westlichen Welt seine Fehler vorhält, der tut sich natürlich schwer damit, das Spiel des Marktes mitzuspielen. Allein es führt kein Weg daran vorbei, wenn man seine Musik/Botschaft/Kunst möglichst vielen Menschen zugänglich machen will (was ja mithin das Ziel fast aller Künstler ist).

Eine komplizierte Kiste also. Seine eigene Position dazu lässt vielleicht am besten bei guter Musik entwickeln. Um die sollte es ja sowieso in erster Linie gehen. Obwohl es (s.o.) keine neuen, offiziellen Teaser vom Album gibt, findet Ihr Chronixx als Gast auf dem frisch releasten Remix von Jah9’s Hardcore. #chronixx

Neuer Tab Count: 19 Tabs in 4 Fenstern #dun

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