STOP, START, CONTINUE #6: Stacked Actors

Wie versprochen kommt in meiner heutigen Ausgabe die Fortsetzung. Etwas Zeitversetzt, das muss ich jedoch zugeben.

Ganz vorne weg, ich kann nicht sagen, wie ein Videodreh normaler Weise abläuft. Ich kann aber von meiner Erfahrung erzählen, wie mein erster Videodreh bisher für mich war. Meine Erfahrung in Sachen Schauspiel halten sich auf alle Fälle in Grenzen. Trotzdem klingelte eines Tages mein Telefon und Blazze fragte ob ich zufällig Zeit habe bei einem Videodreh mitzuhelfen.
Ich hatte tatsächlich relativ viel Zeit, weil ich dabei war, mich für meine Prüfungen vorzubereiten. Außerdem sollte das ganze innerhalb von 2 Tagen im Kasten sein. Die Abwechslung und das Abenteuer waren für mich definitiv eine Alternative zum Lernen. So ging es dann auch direkt los.

Blazze gab mir die Adresse in Kalk, wo der Großteil des Videos gedreht werden sollte. Am ersten Tag des Drehs bin ich in der Neubausiedlung umher geirrt und war total panisch, weil ich befürchtete, zu spät zu kommen. Weil ich vor lauter Kaffee am Morgen vergaß zu frühstücken, hatte ich mir eine Börek-Schnecke von Kölns bester türkischer Bäckerei 1 reingefahren. Nachdem ich zum gefühlt tausendsten Mal bei Blazze angerufen hatte, ohne ihn zu erreichen, war ich innerlich leicht am kochen. Irgendwie, ich weiß nicht genau wie, kam ich jedoch in die Wohnung wo der Großteil der Leute schon anwesend war. Zwei fehlten noch, Blazze und Fireson. Was soll ich sagen, die ersten 30 Minuten am Set hätten mich schon auf das ganze Projekt einstellen sollen. Aus Gründen eines interessanten und erfreulichen Leseflusses nehme ich es dann aber doch vorweg. Ich muss den Spannungsbogen nicht durch Beispiele von ausgedehntem Warten überstrapazieren. Es zog sich alles wie Kaugummi. Die ganze Woche. Ich kam häufig an meine persönliche Geduldsgrenze. Wobei ich glaube, das könnte durchaus repräsentativ für Filmsets generell sein. Das ewige Warten muss auch erst einmal gelernt werden.

Man wartetet auf Leute oder auf Technik, die benötigt wird weil irgendein Problem nicht vorhergesehen wurde. Oder auf beides. Etwa, als die Lösung für eines der plötzlichen Probleme daraus bestand, eine Person quer durch die Stadt zu ordern um das Teil zu besorgen, weil das Budget sozusagen inexistent war. Man wartet auf das richtige Wetter und vor allem wartet man darauf, dass eine Szene gut genug ist, um sie abzuschließen. Was nicht bedeutet, dass die Szene am Ende herausgeschnitten wird oder noch schlimmer, in einem anderen Kontext neu gedreht werden muss. Ich kann hier noch einmal kurz auf Oh the Places You’ll go verweisen und auf die Stelle an der man auf diverse Dinge am warten ist. Noch viel besser bringen es die Jungs von Blumentopf auf den Punkt.

Genau so habe ich mich dort gefühlt. Aber dazu kommt, dass andere genauso lange auf mich warten mussten. Zur Anfangsszene vom Video; ich weiß nicht wie oft ich den Weg zu dieser Haustür tatsächlich gelaufen bin. Irgendwann verlor ich eine gewisse Rückmeldung meines Körpers. Der Regisseur bat mich zum Beispiel etwas arroganter auf meine “Nachbarin” zu wirken. Ich wusste an dem Punkt wirklich nicht mehr wie ich mein Gesicht manuell so beeinflussen kann, dass es eben genauso rüber kommt. Aber das sind sicherlich Anfängerprobleme mit denen jeder Theater- oder Filmdarsteller vertraut ist.

Ich hätte nie gedacht, dass es so lange dauert ein Video zu drehen, das im Endeffekt nur ein paar Minuten Spielzeit hat. Am Ende des ersten Tages hatten wir ein paar Szenen gefilmt von denen am Ende nur knapp die Hälfte ins eigentliche Video kamen. Abgesehen von der Zeit, die nötig war um das Video zu drehen, waren gewisse Dinge jedoch sehr interessant für mich. Zum Beispiel hat der Regisseur die Sänger in doppelter Geschwindigkeit einsingen lassen. Wie kann man sich das vorstellen? Im Hintergrund wurde ein Tape von dem Lied angestellt, dass anstelle von 100 bpm auf 200 bpm lief. Die Sänger bewegten sich sozusagen in Schlumpfgeschwindigkeit, inklusive ihrer Lippen. Das sei nach Aussage des Regisseurs gängige Praxis, um einen ausgeprägteren Gesichtsausdruck zu erzeugen. Weil Fireson aber mit doubletime nicht zu Recht kam wurde das ganze auf eineinhalbfache Geschwindigkeit gestellt.

Ein weiterer kurioser Anblick waren die Passanten, die an uns vorbei liefen. Man bekommt immerhin nicht alle Tage zig vor einer Kamera herumspringende Menschen in der Öffentlichkeit zu sehen. Wenn der WDR in der Stadt eine Szene für den Tatort oder eine Seifenoper dreht, sieht man zwar jede Menge Action von den Kameraleuten und Produktionshelfern aber doch eher selten die Schauspieler an sich. Jedenfalls ging mir das bisher so. So waren vor allen Dingen die Kinder, die auf dem nahe gelegenen Spielplatz spielten sehr interessiert an dem Vorgehen.

Mir persönlich wurde das ganze erst an dem Punkt unangenehm, als ich in der Kölner Südstadt mit einem Strauß Blumen duzende Male den gleichen Move gemacht habe. Aber wie so vieles, gewöhnt man sich auch an den dümmsten Blick oder blendet ihn so gut es geht aus.

Mein persönliches Highlight war eine Szene, in der ich meine “Traumfrau” im Sinn habe und mit ihr einen perfekten Tag erlebe. Auf der einen Seite war es tatsächlich der intensivste Drehtag, weil wir mit einer kleineren Runde unterwegs waren. Auf der anderen Seite durfte ich meine Traumfrau auch tatsächlich Küssen. Was man jedoch nicht im Video erkennen kann, ist die Tatsache, dass meine Traumfrau und ich uns nicht wirklich gut verstanden. Wir kamen miteinander aus und haben es so gut es eben möglich war hinter uns gebracht. Klar war aber von Anfang an, wir werden niemals ein super Duo. Vielleicht auch nur eine Projektion meinerseits – aber egal…Party! Der Tag an dem wir zusammen gedreht haben war wirklich schön und – noch viel besser – produktiv. Ich glaube, der Regisseur war ebenso erfreut über den Output. Es sollte auch der letzte Tag des Drehs sein, somit war ich froh, dass die Woche zum Ende kam… glaubte ich zumindest. Zwei Tage später bekam ich vom Regisseur einen Anruf mit der Frage, ob wir eine letzte Szene drehen könnten.

Was soll ich sagen? Alles in Allem war es wirklich eine aufregende Erfahrung. Wenn ich jemals wieder als Amateurschauspieler helfen darf, dann mache ich das gerne. Doch ich habe hier auch ganz klar meine Grenzen gezeigt bekommen. Dabei hatte ich nicht einmal eine Sprechrolle.

Ich kann rekapitulieren, was am Ende dieser Erfahrung hängen geblieben ist. Ich kann sagen, dass ich zu schätzen weiß, wie viel Zeit in Videoprojekte fließt, bis ein Resultat zu begutachten ist, dass einigermaßen vorzeigbar ist. Ich versuche Bands, die beschissene Videos auf YouTube einstellen nicht mehr ganz so arg zu haten. Schlussendlich spielen aber auch diese Punkte nicht wirklich eine Rolle. Ich hatte wirklich Spaß, obwohl ich mich oft unwohl und am falschen Platz gefühlt habe. Letztes Bon Bon: Ich durfte das Auto von Tilmann Otto bzw. seiner Frau fahren, wenn es auch nur um den Block zum Einparken war.

Blessed!

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Photo Credit Lion Decal: pixabay.com

Photo Credit Green Screen Set: Flickr

Tamika & Fire Son Bantu – Love

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