Review: Ricky Blaze – Conquer The Moment (2016)

Seit ein paar Tagen macht ein feines Stück Musik aus dem Hause Ricky Blaze die Runde. Conquer The Moment ist nach der My Name Is Ricky Blaze EP und The Maestro das zweite Album des aus dem East-Flatbush, Brooklyn, stammenden Produzenten. Wer mit dem Namen nichts anfangen können sollte, kennt mit Sicherheit den ein oder anderen von ihm produzierten Tune – zu nennen wären hier sicher Gyptian’s Hold You oder auch Touch A Button von Vybz.

Nun ist, wer in Brooklyn aufwächst, einer Vielzahl musikalischer Einflüsse ausgesetzt. Das schlägt sich auch in Blaze’s Sound nieder. Völlig selbstverständlich wandelt er zwischen unterschiedlichen Genres von – natürlich – Reggae und Dancehall über R&B und HipHop bis zu Pop. Trotz dieser Vielseitigkeit gelingt es ihm, auf dem Album ein stimmiges Gesamtbild zu erzeugen. Obwohl sich die einzelnen Nummern durchaus deutlich unterscheiden und Blaze’s gesamte Bandbreite repräsentieren, zieht sich ein roter Faden durch alle Produktionen. Unstimmige Brüche oder unpassende Tunes sind hier Fehlanzeige.

Nicht zuletzt hat die große Stimmigkeit damit zu tun, dass Blaze bei der Auswahl seiner Gäste zwar ebenfalls sehr unterschiedliche Künstler gepickt hat, die jedoch eines eint: Qualität. Da wären große Namen wie Shaggy, up-and-coming artists wie Future Fambo oder der äußerst geschätzte Kranium sowie (zumindest mir bislang) unbekannte Künstler wie Alexus Rose, Tifa oder Chelley.

Dennoch hat besagte Vielseitigkeit natürlich ihren Preis: Kaum ein Hörer wird mit allen Tracks etwas anfangen können, weshalb die meisten wohl ein, zwei Songs mit einem Skip-Mark versehen werden. Angesichts der Tatsache, dass es einige echte Highlights auf der Platte zu finden gibt, ist das allerdings durchaus zu verkraften. Doch der Reihe nach 1.

Intro: Joar. Intro halt.

Centerfold feat. Smoke: Eher eine der schwächeren Nummern, wobei die Synthie-Baseline durchaus spannend ist.

Pull It: Der einzige Solo-Track von Blaze, in dem er den gesamten Song in die eigenen Hände nimmt, inklusive souveräner Vokal-Delivery. Die Nummer ist bereits im letzten Jahr erschienen und wurde sogar mit einem Video bedacht. Definitiv anspielenswert und catchy:

Operatah feat. Gyptian: Eine Combination, die in der Vergangenheit gut funktioniert hat (vgl. Hold You), hier aber enttäuscht – zumindest mich. In meinen Ohren eine relativ austauschbare Nummer. Am besten ist noch der Part um ca. 1:30, wo Gyptian seine Jodel-Skills zum besten gibt. Keine schlimme Nummer, aber eben auch nichts besonderes. Skippe ich auf Soundcloud, in der „echten“ Variante fehlt der Tune ohnehin.

Apart feat. Alexus Rose: Mein persönliches Highlight der Scheibe. Hat zwar gar nichts mit Reggae oder Dancehall zu tun, macht aber gar nichts. Der Track ist eine wunderbar minimalistisch produzierte Nummer, auf der sich die talentierte Alexus Rose wunderbar einfügt. Was entsteht ist eine recht abstrakte, von den Drums nach vorne getriebene Nummer, die irgendwo zwischen experimentellem Pop und R&B anzusiedeln ist. Erinnert mich by the way sehr an die Musik der großartigen FKA Twigs, die zwar aus UK stammt, aber scheinbar besonders unter Brooklyn-Hipstern populär ist… Sehr Gut!

Dance feat Mr. Easy und Dean Fraser: Ebenfalls eine gute Nummer. Zurückgelehnter Vibe, sehr Reggae-lastig. Könnte man vielleicht Future Reggae nennen, muss man aber nicht. Mit Dean Fraser hat sich Blaze hier einen legendären jamaikanischen Saxophonisten an Bord geholt 2, dessen Spiel toll mit der digitalen, leicht wobbelnden Baseline harmoniert. Darüber singt Mr. Easy gewohnt smooth und lädt zum sorgenfreien Tanz ein. Funktioniert.

Overrated feat. Kranium & Shaggy: Der Track ist zwar schon 2014 erschienen, aber bislang völlig an mir vorbeigegangen. Such a shame! Pure fire, das Teil. Dick produziert, auch Anfang 2016 noch völlig zeitgemäß und feine Performances von Kranium und Mr. Boombastic himself. Was will man mehr?!

Motive feat. Blak Ryno: Ein Feature mit einem der etablierteren Dancehall Artists da draußen, aber nicht mein Fall. Schon ordentlich produziert aber nicht mein Fall. Gehört in die Kategorie von düsterem Dancehall-Zeug, das zwar die Hall haben mag, aber nicht den Dance. Darf man mögen – ich tue es nicht.

Sink It feat. Kranium: Eigentlich ist zu R&B-ig angehauchter Dancehall nicht mein Fall, aber Kranium versteht sich einfach extrem gut auf das Zeug. So auch bei dieser Ode an die Punani. Kommt zwar nicht an das Format eines Draw Me Out’s 3 ran, ist aber trotzdem eine ziemlich feine Nummer. Mi a one bwoy mi love fi have fun!

Look Like Me feat. Chelley & Tifa: Eingängige Kombo der beiden Damen. Ist eine Mischung aus Rap und Dancehall, auf dem klassischsten Dancehall Riddim des Albums. Außerdem die vielleicht beste Hook. Nice!

Neighbors feat. Cover Drive & Smoke: Bei Neighbors geht es in Acoustic Pop Gefilde. Zur Unterstützung hat sich Blaze hier neben Smoke noch die aus Barbados stammende Popband Cover Drive auf den Track geholt. Bräuchte ich nicht, stört aber auch nicht weiter.

Rodeo feat. Future Fambo: Den Abschluss macht dann ein amtlicher Banger. Future Fambo gibt auf der stark elektronisch geprägten Produktion ordentlich Gas und die auf den Club ausgelegte Bassline zwingt zum Bewegen. Ist sicher nicht die kreativste und eigenständigste Nummer des Langspielers, aber Spaß macht sie allemal.

Fazit

Dass Blaze ein talentierter Produzent ist, steht schon länger außer Frage. Mit Conquer The Moment beweist er, dass er sich souverän auf unterschiedlichen musikalischen Terrains bewegen kann. Gleichzeitig schafft er es, einen eigenständigen Sound mit erkennbarer Handschrift zu kreieren. Kein leichter Spagat, der ihm aber scheinbar problemlos gelingt. Obwohl nicht jeder Tune ein Hörbefehl ist, entzieht sich CTM der Falle, in der sich zahlreiche Producer-Alben verfangen: Zwar eine kompakte Werkschau zu sein, nicht aber ein gutes Album, das man am Stück hören wollen würde. Im Gegenteil! Also: Run it!

Bonus

Nicht auf dem Album vertreten, aber brandneu aus der Blaze’schen Schmiede und unbedingt vorstellenswert ist das Video zu Bashment Gal von Mr. Easy. Der treibende Dancehall Tune hat schon ein paar Monate auf dem Buckel, wurde aber vor ein paar Tagen erst mit einem Video bedacht, das getrost als Dancehall Porn durchgeht: Fette Boxen, gekonnt tanzende Ladies und Original Yard Flavour.

 

Kaufen kann man das gute Stück natürlich auch – wenngleich bislang leider nur digital – z.B. hier:

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