Der nunmehr ronnylose Trettmann hat – ich habe es schon Ende des Jahres in der Radioshow erzählt – in der letzten Zeit massiv an seinem Sound geschraubt. Heute präsentiert er uns die Ergebnisse seiner Entwicklung in Form der KitschKrieg EP. Auf dem 5 Tracks starken Werk, das er mit dem gleichnamigen Produzententrio aus Kreuzberg aufgenommen hat, ist vom Dancehall-Sound aus Tanz-Auf-Dem-Vulkan-Zeiten nicht viel übrig geblieben.
Schon die großen Trettmann Tracks des letzten Jahres, No Pegida, Was solls? und Hotline Bling, hatten einen merklich abstrakteren, ins dubbige gehenden Einschlag – samt 808s, Autotune und anderen, aktuell in Future Beat oder auch Cloud Rap verbreiteten Produktionsmethoden. Auf KitschKrieg führt Trettmann diese Entwicklung nun konsequent fort. Als erster Hörbote der neuen EP beglückte er uns vor etwas mehr als 10 Tagen mit der Auskopplung Skyline 1, die mittlerweile auch mit einem Video bedacht wurde:
Trettmanns Ausführungen zum neuen musikalischen Stil à la „Brauch kein Navigator, A&R oder Pastor, der mir sagt wo ich hingehöre“ erklären, wo es langgeht. Der Beat legt darunter einen Teppich aus dichtem, atmosphärischem Sound, der Trettmann bestens zu Gesicht steht. Garniert hat der ehemalige Dancehalldirektor das Ganze mit einer äußerst eingängigen Hook. Das Ding könnte groß werden; hier steckt ein Hit drin!
Den Auftakt der eigentlichen EP aber macht Dosis, eine Ode an berauschte Nächte, Schwarzlicht und exzessive Feste. Um es mit den Worten des Direktors zu sagen: „Hier ist jeder genauso drüber wie ich, dass ist mir sympathisch“. Unterlegt ist das mit dem vielleicht fröhlichsten – wenngleich immer noch verspult-abstrakten – Instrumental der EP. Geht gut ins Ohr und stellt einen würdigen Startschuss für das folgende Werk dar.
Das in der Tracklist folgende Skyline ist definitiv mein Highlight der EP. Darauf folgt dann Visionär, welches ebenfalls seit ein paar Tagen im Internet rumgeistert. Der Tune ist für meine Begriffe nicht ganz auf dem Level von Skyline, aber immer noch eine gelungene Nummer, deren Qualitäten sich gerade zu fortgeschrittener Stunde in vielleicht nicht mehr ganz einwandfreiem Geisteszustand zeigen. Visionen und so eben.
Wolkenessen ist dann eine verspielte Nummer, die sich Ambient-Anleihen bedient und zum zurücklehnen einlädt. Als Feature-Gast hat sich Trettmann hier Peppa mit an Bord geholt. Die im 3P-Umfeld aktive Dame fügt sich mit ihrem Gesang perfekt auf den Track und verpasst ihm eine weitere, musikalisch spannende Ebene. Den Abschluss der EP stellt dann der schon länger bekannte Was solls KitschKrieg Remix dar, der ebenfalls fein produziert ist und sich nahtlos in das Soundbild der EP einfügt – wenngleich das Original schon noch einen Tick stärker ist.
Fazit und Gesamteindruck
Es mag manch einen Fan geben, der den Dancehallbrettern vergangener Tage hinterhertrauert. Wer Tanz auf dem Vulkan 2 sucht, wird hier nicht fündig. Denn Trettmann hat einen musikalischen Reifeprozess vollzogen und gemeinsam mit den Jungs von KitschKrieg einen eigenständigen Sound gefunden, der ihm auf den Leib geschneidert ist. Die Produktionen sind allesamt hochwertig und detailverliebt. Schon immer hat sich Trettmann als guter Songwriter ausgezeichnet. So auch hier, und auch in dieser Disziplin kann man eine klare Weiterentwicklung erkennen. Auch übergreifend ist die KitschKrieg EP eine runde Sache, was natürlich auch damit zu tun haben dürfte, dass sämtlicher Sound aus einer Schmiede stammt. Kein Tune stört oder fällt raus, hier passt alles zusammen und ergibt Sinn.
Für mich ganz klar das Werk eines Künstlers, der sich gefunden hat und gerade eine eigene musikalische Identität entwickelt. Ich bin gespannt, wohin die Reise in der Zukunft weitergeht!
Kaufen könnt ihr das ganze natürlich auch, nämlich z.B. hier:
(Vielleicht das größte Manko der Platte: Es gibt sie nicht auf Vinyl bislang. Aber vielleicht folgt das ja noch…)
Update 30.01.2016: Wolkenessen ist in inzwischen auch auf Soundcloud erschienen und deshalb nun nachgereicht, ebenso wie der Google Play Link unten.
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