Kabaka Pyramid ist einer der spannendsten jungen Artists, die Jamaica aktuell zu bieten hat. Erstmals richtig auf der Reggae-Landkarte erscheint er 2011, als er seine EP Rebel Music veröffentlicht. Auf dieser demonstriert er dem geneigten Hörer erstmals die Vision, die er für seine Soundästhetik hat. Nämlich eine Melange aus Reggae, Dancehall, Hiphop sowie dezenten Einflüssen anderer karibischer Musikstile. Gemeinsam mit seiner meist energiegeladenen Delivery – man höre z.B. Real Music – ergibt sich ein markanter, ziemlich eigenständiger Stil, der mich am ehesten an frühere Damian Marley Releases erinnert 1. Unbedingte Anspielstationen auf Rebel Music sind außerdem Ready fi di Road, Betta Mus Come (mit Bebble Rock Label-Kollege Koro Fyah) sowie die beiden mit Video bedachten Tracks Free From Chains und Warrior, eine Protoje collaboration.
Die EP nimmt, nicht unüblich für jamaikanische Releases, in den folgenden ein, zwei Jahren an Fahrt auf, wie z.B. die späten Videoauskopplungen zeigen – Warrior etwa erscheint erst 2013 als Video. Dafür mitverantwortlich ist vielleicht auch, dass Kabaka eine ausgeprägte DIY-Mentalität an den Tag legt – möglicherweise schlagen hier seine HipHop-Wurzeln durch. So baut er mit Bebble Rock lieber ein eigenes Label auf, um seine Kunst herauszubringen, als sich in etablierte Strukturen zu begeben – was natürlich auch konsistent mit seiner rebel attitude ist. Auch musikalisch ist er nicht nur als Artist sondern ebenfalls als Produzent für sich und andere Künstler tätig. Der Mann ist also viel beschäftigt und nimmt Dinge gerne selbst in die Hand. Das mag im Zweifel etwas länger dauern, als die tiefhängenden Früchte zu ernten, die mit Labels, Deals, Management etc. einhergehen, dafür bewahrt man sich den maximalen Freiheitsgrad.
Auch im Folgejahr, 2012, ist Kabaka alles andere als untätig. Besonders bemerkenswert aus diesem Jahr sind besonders zwei Veröffentlichungen. Vielleicht bin ich voreingenommen, weil beides Kollaborationen mit deutschsprachigen Artists bzw. Produzenten sind, aber ich bilde mir ein, dass es auch musikalisch die interessantesten Auszüge aus seinem Schaffen in 2012 sind. Die Rede ist zum einen von High & Windy, einem Feature mit der Münchnerin Sara Lugo, einem lovers tune im klassischen Reggae-Gewand, auf dem Kabaka zeigt, dass ihm auch dieses durchaus gut zu Gesicht steht. Und dann war da noch der bis zu jenem Zeitpunkt vielleicht größte Kabaka-Tune – zumindest auf den hiesigen Dances: Lead The Way auf dem Rub A Dub Market Riddim, der von den Irievibrations-Jungs aus Wien produziert wurde. Dieser Track setzte Kabaka hierzulande endgültig auf die Landkarte der Reggae-Fans.
Bevor dieses Brett von einem conscious tune in 2013 sogar zum titelgebenden Track seiner im November veröffentlichten EP wird, steht das Jahr zunächst im Zeichen der Features 2. Zu Beginn ist Kabaka auf einer Combination vertreten, die sich ein bisschen wie das Who-is-who der gegenwärtigen jamaikanischen Reggae-Artists liest: Selassie Souljahz von Chronixx ft. Sizzla, Protoje und eben Kabaka Pyramid. Im Sommer folgt dann seine Zusammenarbeit mit Tarrus Riley, Fly Di Gate, auf dem Sellassie I Way Riddim, bevor im Herbst ein weiteres Chronixx-Feature erscheint: Mi Alright auf dem Rising Sun Riddim, eine eingängige Nummer, auf der beide Artists ihre an sich relativ unterschiedlichen Styles harmonisch kombinieren 3.
Nach so vielen hochklassig besetzten Features wurde es natürlich Zeit für ein neues Release, dass in Form besagter Lead The Way EP im Oktober 2013 veröffentlich wird. Auf dieser fasst Kabaka sein Schaffen seit der Veröffentlichung von Rebel Music zusammen und garniert es mit ein paar exklusiven, neuen Songs. Unter diesen ist auch Liberal Opposer, in meinen Augen der bis dato beste Kabaka-Tune.
Während er auch auf den eher klassischen Reggae-Produktionen eine gute Figur macht, steht ihm der hip-hop-beeinflusste, druckvolle und tendenziell etwas düsterere Stil dieser Nummer, die sogar mit Bass Music keine Berührungsängste hat, am besten. Und selten hat jemand beide Welten – Hiphop und Reggae/Dancehall – so gekonnt verheiratet. Dass Kabaka zudem ein exzellenter lyricist ist, der es schafft, selbst schwere Themen eingängig zu verpacken – seinem Schreibstil merkt man die Rap-Wurzeln natürlich ebenfalls an – macht die Nummer nur noch besser. Zum Glück hat der Track, obgleich mit einiger Verspätung, noch ein würdiges Video erhalten, in dem sich Kabaka einer roughen, ebenfalls deutlich dem HipHop entlehnten, Street-Ästhetik bedient.
Dank der Lead The Way EP nimmt Kabakas Karriere in 2014 nochmal an Fahrt auf und er spielt viel live in Jamaica und international. Außerdem bringt er Never Gonna Be A Slave raus, das sich zum Hit entwickelt. Im Vergangenen Jahr tourt er dann in noch höherer Schlagzahl. So legt er einen von den Medien gefeierten Auftritt auf dem Sumfest hin, spielt einige Konzerte in den USA, dabei unter anderem auf der SxSW und tourt für 40 Auftritte durch Europa.
Trotz dieses bereits strammen Pensums veröffentlicht er auch im vergangenen Jahr – quasi nebenbei – natürlich noch neue Musik. So ist er auf Protojes gefeiertem Ancient Future Album als Feature-Gast bei The Flame vertreten, hat eine Combination mit Inner Circle aufgenommen, We The People, und bringt mit Phenomenon einen starken Track raus.
Doch sein einflussreichtes Release im letzten Jahr war zweifelsohne Well Done. Hier fasst er in unter 4 Minuten mal eben die wirtschaftliche Misere zusammen, in der sich Jamaika seit Jahren befindet und liest den Politikern die Leviten. Das ebenfalls sehr gute Video erscheint leider erst im August, nachdem der ganz große Hype bereits verflogen ist, weshalb es wohl als etwas underappreciated gelten muss. Nichts desto weniger ist es natürlich absolut sehenswert, alleine schon da es eigene Wege jenseits der Reggae-üblichen Ästhetik geht. Es beweist spätestens, dass hier ein Künstler mit Ambition zu Werke geht, der eine klare Vorstellung davon hat, wie sein Werk wirken soll.
Damit weckt er auch international Interesse – wober er natürlich auch von der Aufmerksam rund ums Reggae Revival profitiert – und war z.B. einer der Protagonisten im Vogue Feature. Musikalisch zeigt sich die steigende Popularität ebenfalls, etwa wenn niemand geringeres als Mad Decent Kabaka’s – bereits im Original großartiger – Nummer Politics ft. Grandtheft ein gelungenes EDM treatment verpasst.
Wir können gespannt sein, wie es 2016 weitergeht. Ganz aktuell ist ein Feature mit Raekwon erschienen, das Walshy Fire 4 für einen Skifilm produziert hat: Be Inspired. Weitere Releases sind meines Wissens nach bislang nicht angekündigt. Doch da Kabaka durchaus planvoll mit seiner Karriere voranzugehen scheint, würde es mich nicht wundern, wenn wir in diesem Jahr noch mehr von ihm zu hören bekämen. Ich würde mich freuen!
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