STOP, START, CONTINUE #2: UR JORD

@Tsevis on Flickr

So, es ist vollbracht. Weihnachten und Silvester liegen hinter uns. Willkommen im Jahr 2016! Ich fühle es schon jetzt. Es wird ein phänomenales Jahr für uns alle werden. Jede Zelle in meinem Körper schreit YES oder Ja Mann! 

Ganz vorne weg, ich wollte eigentlich von meinem ersten Bob Marley Tune erzählen, aber irgendwie zieht es mich heute doch in den hohen Norden. Ich schaue aus dem Fenster und sehe nichts als Regen. Es regnet in den letzten Tagen ständig. Flüsse treten über ihre Ufer, Bäume liegen ausgerissen auf den Straßen. Der Wind hat mich sogar schon vom Bürgersteig gepustet. Da ist natürlich klar warum ich an einen skandinavischen Winter denke. Es gibt wenige Dinge die ich in unserer Natur nicht so gerne mag. Niederschlag in flüssiger Form von Oben zählt auf alle Fälle dazu. Gib mir 50cm Neuschnee und ich bin happy. Lass es leicht nieseln und ich bin der unzufriedenste Mensch weit und breit…fast.

Ich weiß nicht ob ihr es wisst, aber ein Teil meines Herzens liegt in Skandinavien. Die Winter dort sind brutal kalt. Das Sonnenlicht in den Wintermonaten kommt manchmal nur kurz zu Besuch und die Menschen, könnte man meinen, wären alle totale Eisklötze, die so wenig wie möglich reden. Wenn man 10 Personen fragen würde mit welchen Ländern sie Reggae assoziieren, könnte ich schwören, ist Schweden ganze null Mal dabei. Natürlich ist es eine leichte Stereotypisierung von „Skandinavien“ im Allgemeinen zu sprechen. Da ist gleich ein großes TUT MIR LEID beziehungsweise förlåt/unnskyld angebracht. Jeder der schon einmal dort war und versucht hat, mit dem Auto von A nach B zu kommen, weiß wie unglaublich groß der nördliche Teil Europas ist. Ich kann also nur von einem kleinen bisschen erzählen, in einem kurzen Zeitfenster, in dem ich Nordschweden mein Zuhause nennen durfte. In meiner Erinnerung steigen in Umeå immer noch die heißesten Dances und das Gaiakollektivet verlässt niemals so ganz die Spitze meiner Lieblingssoundsysteme.

Meine Ansprüche an einen Dance sind so hoch, dass ich selbst gar nicht weiß, wie das zustande gekommen ist. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge kann ich sagen, dass ich seit dieser Zeit nie wieder so sehr auf einem Dance umher gewirbelt bin. Im Rahmen dieses Artikels habe ich versucht, etwas über das Gaia Kollektiv oder eben Gaiakollektivet (in schwedisch) heraus zu finden. Der Blog der Jungs ist eher inaktiv aber die Facebook Seite ist tatsächlich noch online und auch mit Flyern für Parties und Links versehen. Allein die vergangenen Minuten in denen ich in dieser schwedischen Reggae-Vergangenheit schwelgen durfte, haben mir wieder gezeigt, wie sehr mich die Jungs dort damals wieder mit Lebenssaft versorgt haben, so das ich musikdurstig nach Köln zurückkehrte. Was hat dieses Soundsystem so besonders gemacht? Wie lässt es sich erklären, dass ich nicht der einzige war, der wie hypnotisiert einmal im Monat, selbst bei -20 Grad Celsius, das Fahrrad sattelte um ins Scharinska zu kommen.

Das schöne an diesen Erinnerungen ist vor allem der Weg mit dem Fahrrad. Ich hatte dort ein BMX, was für mich viel zu klein und daher mega anstrengend zu fahren war. Trotzdem ging es zum Club selbst größtenteils bergab. Das Highlight auf der Strecke war immer die Fahrradbrücke, die man überqueren musste. Auf der Brücke selbst war am oberen Ende ein Nintento Stern aufgemalt, in Anlehnung an Mariokart und Super Mario. Die Bananenschale, die auf der Mitte der Brücke aufgemalt war, konnte man allerdings ohne Probleme überfahren, ohne sich zu drehen. Leider verstand die Stadt scheinbar ähnlich wenig von Kunst und Street Art wie bei uns zu Lande. Der Künstler musste laut Artikel eine umgerechnete Strafe in Höhe von 400 Euro bezahlen. Witziger Fun Fact zu dieser Street Art: Kapten Röd’s erstes Album mit dem er damals auch in Umeå auftrat nennt sich „Stjärnorna finns här“ (Sterne gibt es hier).

Saftige Strafe für den Bananenvandal

Västerbottens Kurieren

Die viel verrücktere Angelegenheit ist, dass die Party bereits um Zehn Uhr so weit angelaufen war, dass es um elf Uhr krachte und ein mörder Tune nach dem anderen kam bis der Laden um halb Zwei seine Pforten schloss. Die Tunes waren ein Mix aus heimischem Reggae und dem was sonst grade in der Reggae- und Dancehallwelt rotierte. Roots und Dancehall Klassiker waren sicherlich ebenso vertreten.  Oft kamen Gäste nach Umeå, die entweder vom Selecta Ital Sounds unterstützt wurden oder ihre eigene Band mitbrachten. Zwei meiner Lieblings Reggae Artists habe ich in genau dieser Zeit kennen und lieben gelernt. Hier sind eine knappe Zusammenfassung von Künstlern, die im Laufe meines Aufenthaltes beim Gaiakollektivet zu Gast waren.

Das Video von den tanzenden Frauen habe ich eingefügt, weil es tatsächlich ein Dance vom Kollektiv ist, auch wenn die Qualität nicht ganz top notch ist.

Um die Frage nochmal aufzugreifen: Was war so besonders an diesem Sound System? Ich glaube die Antwort liegt im Namen – GaiaDas Kollektiv hat so hoch im Norden eine Reggae Hochburg ins Leben gerufen. Die metaphorische ONE LOVE Fahne wird geschwungen, um davon zu erzählen, wie wir als Menschen zusammenhalten können. Wie wir unsere Mutter Erde besser behandeln und mit welchem Sound wir in Richtung Zion ziehen, um dort unsere Erlösung zu finden. Keine Angst hier kommt jetzt keine Predigt, aber jeder kann sich selbst fragen, in welchem Zustand unser Planet gerade ist und an welchen Entscheidungen, die wir tagtäglich treffen, das liegen mag.

Ich habe für mich damals einfach nur verstanden, wie wichtig es ist, dass wir der Massive good vibrations und positive tunes geben, ihr jedoch auch von der Verantwortung erzählen, die wir alle in unseren Händen halten. Ja, wir können die Welt durch einen Sound verbessern und wenn er auch nur in einem kleinen Städtchen im Norden von Schweden zu hören ist. Er hat mein Herz seit dem nie wieder verlassen und seither all meine Entscheidungen wie ich Musik für Menschen mache geprägt. So geht es Menschen überall in der Welt, die von einem Konzert oder einer Party nach Hause gehen und sich fragen, wie sie die Welt ein Stück weit heilen können.

Wenn wir das ganze umdrehen, lautet die Frage: Wie können wir einen Sound erzeugen, bei dem die Menschen ähnlich ausrasten, tanzen und ihre Liebe zur Musik in Schreien und Pfiffen äußern? Nicht mit dem primären Anspruch, doch eventuell dem Resultat, dass die Zuhörer erkennen, dass Alternativen zu Massentierhaltung oder Waffenhandel bestehen. Zumindest für mich ein Ziel, das sich gut anfühlt.

Als ich nach meiner Zeit in Schweden wieder in Köln weilte, waren Petit Prince und Studio nur das Methadon für Scharinska, den Club in Umeå. So kam es, dass sich zumindest in Sachen Dances und Soundsystems mein Leben beruhigte und ich meine Ohren offener für elektronische Musik wurden.

Mir wurde gesagt, dass Cork eine – für irische Verhältnisse – große reggae scene hat. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen mich hier in den nächsten Monaten mehr zu connecten und das Ganze zu erfahren. Mit etwas Glück ist hier im Süden Irlands auch eine Perle von einem Soundsystem zu finden. RIGHT!

Das tolle ist, es gibt solche Kollektive überall auf der Welt. Kleine Zellen, die mit dem was sie tun die Welt bereichern. Ich kann nur für das Jahr 2016 wünschen, dass mehr Menschen die niceness in die Welt bringen, mit ihren Mixes und Sounds.

Mein Schlusswort für heute: Es ist egal wo Ihr seid und womit ihr euer Geld verdient, um euer Leben zu finanzieren. Es gibt in jedem Bereich eurer Komfortzone die Möglichkeit, Dinge zu gestalten und zu verändern. Jede noch so kleine Tat, die in der Intention Frieden und Liebe vollbracht wird, erzeugt eine positive Schockwelle, die Menschen erreicht und sich gleich einer Kettenreaktion vervielfältigt.

Ich möchte euch ermutigen, euren Weg zu gehen, auch wenn er manchmal fern ab der Norm und gesellschaftlicher Akzeptanz verläuft. Die Zeit in diesem Leben ist begrenzt und zu kurz, um sich von den Ansprüchen eines Systems oder von Dritten abhängig zu machen.  Wie unglaublich ist es aus dem Leben zu gehen und zu sagen: „Das war fett, das mache ich gleich nochmal“

Keep on Keepin’ On!

@MrGillis Blogspot

 

2 Comments

  • Socialdread sagt:

    Salut Killer,

    ich freue mich sehr, hier endlich mal jemanden zu finden, der schwedischen Reggae so schätzt wie ich. Die haben eine dufte Szene da drüben. Mir gefällt vor allem, dass sie ziemlich stark muttersprachlich unterwegs sind wie zum Beispiel die genannten Syster Sol oder Kapten Röd. Sein erstes Album habe ich auch. Die restliche Bestellung ist damals verschollen und es war mir zu teuer, alles nochmal zu kaufen.

    Syster Sol und den Kapten haben ich 2011 persönlich kennengelernt, sehr sympathische Menschen. Leider ist mein Schweden-Kontakt (Produzent Internal Dread) 2012 gestorben. Dadurch habe ich die Szene ein bisschen aus den Augen / Ohren verloren. Schön, dass du mich wieder daran erinnerst.

    #EeneLiebe

    • Killer sagt:

      Hej und Servus Socialdread,
      es ist auf alle Fälle schön zu hören, dass der die Vibes auch gut abgehen. Für mich war tatsächlich die schwedische Sprache mit ein großer Faktor weil sie in sich schon so melodisch ist. Die Ribbit Boom Band von Kapten Röd hatte dazu auch noch mächtig auf dem Kasten.

      Das mit Internal Dread wusste ich nicht, hatte aber auch lange Zeit meine Fühler nicht mehr ausgestreckt. Ich hatte vor knapp zwei Jahren nochmal bei SwingKids nach einem möglichen Dubplate für mich nachgefragt aber nach einem kurzen Hin und Her ist das auch versickert.

      So, oder so, freue ich mich über deinen Kommentar.

      Bless!

      Martin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.