Stop, Start, Continue #1: Is this Love?

@lemusart

Editors Note: Ich freue mich, Euch mit Stop, Start, Continue eine neue Kolumne auf whagwaan vorstellen zu können. In dieser wird Euch der Autor, Martin, künftig regelmäßig musikalische und reggae-lastige Episoden aus seinem Leben erzählen. Martin lebt derzeit in Irland, ist Vollblut-Musiker, Reggae-Liebhaber und ein Mann, mit vielen erzählenswerten Geschichten. Seid also gespannt und freut Euch auf eine spannende Reise. Nuff said!

Is this Love?

Diese drei Worte sind für mich der Anfang einer langen Reise, von der ich Euch gerne in dieser Kolumne 1 erzählen möchte. Ohne zu viel vorwegzunehmen, kann ich versichern: Ja, Reggae und ich sind eine wahre Liebe.

Doch was ist Reggae überhaupt? Genau kann ich diese Frage leider nicht beantworten. Jeder muss sich selbst fragen, ob Reggae mehr oder weniger ist als Walking Baselines und ein tightes Drum Kit. Was ich allerdings sagen kann ist, was Reggae für mich ist. Er ist mehr als nur Musik. Reggae ist eine wahre Konstante in meinem Leben.

Aber ich spanne den Karren vor das Pferd. Ich glaube wir müssen noch einen kleinen Schritt weiter zurück. Über die nächsten Wochen und Monate (und vielleicht sogar Jahre) wird sich das Bild vervollständigen. Way, way back also. Oder, mit den Worten von David Rodigan: ”…and now from 1976, straight outta Kingston, Jamaica!”

Nicht aus Kingston und auch nicht aus dem Jahre 1976 aber dennoch, mein Name ist Martin, meine Freunde nennen mich Killer. Ich bin in einer relativ unspektakulären Stadt groß geworden, die nicht zu groß war und nicht zu klein. Die nicht zu weit Weg von der nächsten Großstadt war und trotzdem weit genug entfernt, um nicht zwischen Beton und Shoppingstraßen einzugehen.

Behütetes Vorstadtkind also. Ich weiß nicht, ob sich meine Eltern darüber bewusst waren, dass sie ein musikalisches Wunderkind zur Welt gebracht haben, aber so oder so wurde ich in die musikalische Früherziehung gesteckt. Mitsprache hatte ich damals keine und Erinnerung an diese Zeit ist so vage, dass ich nicht einmal weiß ob ich vier, fünf, oder sechs Jahre alt war. Ich weiß auf jeden Fall, dass ich Noten und Pausen schon vor dem eigentlichen Schreiben verinnerlicht hatte.

Ok, vielleicht habe ich mit Wunderkind ein kleines bisschen übertrieben, aber ein besonderes Verhältnis zur Musik hatte ich tatsächlich schon immer.

Meine ersten Gehversuche machte ich mit dem Keyboard. Hier lernte ich relativ schnell die Aufnahme- und Mehrspurfunktion kennen und lieben. Die erste Bühnenerfahrung durfte ich glücklicherweise sehr früh machen und geiler Weise war das ganze direkt eine Impro-Session, bei der Musiker auf die Bühne kamen, sich ein Instrument griffen und jammten. Weil ich Stand By Me von Ben E. King schon seit dem ich denken konnte gut fand, spielte ich mit den Leuten auf der Bühne ein Stand By Me Cover. So spürte ich das erste Mal, wie es sich anfühlt, wenn man mit anderen Menschen in den Groove kommt und zusammen Musik macht.

Mein Zugang zur Musik war trotz der Früherziehung eher autodidaktisch und oft versuchte ich über das Gehör die Lead-Melodien von Liedern nachzuspielen, die ich grade gut fand. Damals gab es in meiner Welt noch kein Internet. Das gab es zwar vermutlich schon irgendwo in irgendwelchen Kellern, aber eben noch nicht in meinem Kinderzimmer. Vielleicht habe ich auch dank dieses frühen Trainings einen direkten Zugang zu Leads und Melodien. Bands, die in den Genuss dieses Skills gekommen sind, lassen gerade diesen Teil von mir jedenfalls nur ungern wieder aus der Band ziehen.

Mein großes Vorbild zu jener Zeit war ein Kumpel meines Bruders, der mein persönlicher Keyboard-Superheld war. Nicht nur, dass er mit zwei Händen unterschiedliche Dinge tun konnte, nein er konnte auch Jump von Van Halen spielen. Ich war und bin zwar kein großer Hard Rock Fan, doch den Sound den er spielte, wollte ich auch immer hinbekommen.

Weniger Bock hatte ich hingegen oft auf die Lieder, die mir mein Lehrer vorlegte. Obendrein fand ich den Unterricht an sich auch eher langweilig, weshalb ich irgendwann ganz mit dem Üben aufhörte. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann war es keine besonders gute Leistung von meinem Lehrer: Mich mit Champs Elysees zu quälen war das Äquivalent zu einer Analyse Schopenhauers in der Oberstufe.

Doch auch ohne begeisternden Keyboard-Unterricht blieb mir die Musik treu. Dabei half zum Beispiel die digitale Revolution: Meine erstes Musikproduktionssoftware war damals der Magix Music Maker. Bevor ich den Schlussgong läute und euch wieder zur weiteren Prokrastination an euren Arbeitsplatz entlasse, noch die Geschichte wie eben jener Music Maker in und sehr schnell wieder aus meinem Leben ging:

Die Werbung von dem Teil fand ich damals schon richtig dope. Wie bereits beschrieben, hatte ich ähnlich bereits mit meinem Keyboard hantiert, bloß hatte dieses eben nur 4 Spuren und die Drums klangen relativ langweilig. Das Konzept, dass man bis zu 16 Spuren mit bereits vorgefertigten Schnipseln füllen und auf diese Weise Lieder schreiben konnte, fand ich super. Da ich schon immer ein extremes Verhältnis zu meinem Taschengeld pflegte und gut darin war auf einen bestimmten Gegenstand hin zu sparen 2, suchte ich kurzerhand in den nächsten Software-Laden, kaufte mir das Teil und ging fröhlich nach Hause, um es zu installieren. Vor meinem inneren Auge legte ich schon die Samples von Drums und Bass nebeneinander und programmierte nice Tunes.

Kaum war ich zuhause angekommen, erzählte mein Bruder unserer Mama – warum auch immer – dass ich mir dieses Programm gekauft hatte. Als sie erfuhr was es gekostet hatte, entriss sie mir die Packung. Einen langen Monolog über das Kaufrecht von Minderjährigen später, befand ich mich im Auto auf dem Weg zurück zum Laden. Dort bekam der Verkäufer, der wenige Stunden vorher “nur” seinen Job gemacht hatte, den gleichen Vortrag von meiner Mutter zu hören. Es könne schließlich nicht angehen, dass man einem kleinen Kind so viel Geld aus der Hose ziehe. Und überhaupt hätte ich das Programm rechtlich gesehen ohne die Zustimmung eines Erziehungsberechtigten gar nicht erst kaufen dürfen!

Damals fand ich das wirklich ziemlich ungeil. Auch heute finde ich, dass man die Situation diplomatischer hätte regeln können. Aber was soll ich sagen: Power, is power, is power! 3

Was sich seit damals geändert hat? Ich benutze Logic, Ableton Live und Maschine, um Musik zu machen, der Computer ist geschrumpft, doch ansonsten ist fast alles gleich. Selbst das Keyboard, das damals neben dem Computer stand, steht heute noch immer genau dort – auch wenn der Computer natürlich nicht mehr im Kinderzimmer steht. Die Knöpfe sind mehr und komplexer geworden, die eine oder andere Gitarre hat sich in das Set Up geschlichen, aber ansonsten bin ich immer noch wie ein 14-jähriger Junge, der seinen Weg zwischen digital produzierter Musik, Bandproben, Konzerten und Musik auf seinem mobilen Musikabspielgerät geht.

An diesem Punkt möchte ich auch zu meinem Schlusswort ansetzen. Ich weiß wir haben noch so viel vor uns und es gibt so viel zu entdecken, aber das ist eben auch Reggae. Der Beat hätte auch noch die 1, die 2 und die 4, aber für den Moment verweilen wir auf der 3 und ich bin raus…

Ich wünsche euch ein frohes Weihnachtsfest mit euren Lieben und der Familie. Und, ebenso wichtig, wünsche ich euch guten Sound, wo immer ihr auch sein mögt.

Blessed Love!

 

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